Aus dem Tagebuch eines Gaijin! Heute: The Way of the Samurai-Oma

Ame, rain, pluie, lluvia, Regen – viele Wörter für ein und dieselbe Wettererscheinungen. Der Himmel weint oder lacht er so sehr über unseren Gaijin, dass ihm die Tränen kommen? Beobachtet er unseren kleinen tapferen Deutschen auf seinen Wegen, bei seinen Abenteuern, in denen er auch gerne mal zielsicher in Fettnäpfchen tritt, immer wieder auf seltsame Situationen stößt? Darauf hätte auch der Gaijin gerne eine Antwort, als er so in seiner kleinen japanischen Wohnung sitzt und aus dem Fenster schaut, an dem die Regentropfen lange Perlenschnüre aus Wasser ziehen. Etwas verträumt ins Nichts schauend hört er auf einmal von ganz hinten, der letzten Ecke seiner Wohnung, ein lautes Gähnen. Unser Gaijin dreht sich um und sieht, wie der Kühlschrank seine Tür weit aufgerissen hat und mit einem herzhaften Knurren seinen Wunsch Luft macht, gefüllt zu werden. Diese Geste ist so unmissverständlich für unseren kleinen Helden, dass er sogleich von seinem Platz aufspringt, blitzschnell seine Rüstung anlegt und sich auf den Weg in den Alltag Japans macht – jeden Tag ein neues Abenteuer!

 

So tritt er also vor die Haustür, der Wind pustet aus voller Kraft und peitscht ihm so den Regen in das Gesicht, dass man auch meinen könnte, unsere Geschichte spielte an der Nordsee. Doch weit gefehlt! Wir befinden uns ganz und gar nicht in heimischen Gefilden, sondern im kunterbunten Japan. Hier herrschen andere Regeln, hier herrscht das Gesetz des Freundlicheren, des Individuums, das selbst nach der hundertsten Kuriosität nicht dem Wahnsinn verfällt, sondern weiterhin nett lächelt. Aber kommen wir zurück zu unserem tapferen Helden, der nun die ersten Schritte in Richtung einer kleinen Geschäftsstraße macht. Der Regenschirm hält ihn nur bedingt trocken, aber mit jedem Schritt kommt er seinem Ziel näher. Nach guten zehn Minuten steht er vor einem großen Geschäft und denkt, dass es hier doch allerlei Sachen geben müsse, so riesig, wie dieses von außen anmutet. Beim betreten werden im zahlreich widerhallende Begrüßungen entgegen geschmettert: Irasshaimase!!! Etwas eingeschüchtert schleicht der Gaijin nun zwischen den Regalen hin und her. Es handelt sich nicht, wie er anfangs vermutete, um ein Kaufhaus mit mehreren Ebenen, sondern um einen Second Hand-Laden in einer einzigen Halle. Neben der Tatsache, dass 99% aller Sachen für unseren Gaijin, an japanischen Maßstäben gemessenen, viel zu klein sind, irritieren ihn doch auch die immer noch horrenden Preise. Deswegen beschließt er sich auch möglichst schnell wieder zu verabschieden, möchte es aber nicht allzu offen zeigen, dass ihn dieses Geschäft doch so gar nicht tangiert. So bewegt er sich duckend und schleichend, bald kriechend und robbend durch die von unzählbar vielen Kleidungsstücken behangenen Gänge. Er verschmilzt geradezu mit seiner Umgebung, Camouflage in Perfektion, ein menschliches Chamäleon! Und da ist auch schon der Ausgang, er wird es schaffen! Freudig ballt er bereits die Faust und ist fast durch die Tür... ARIGATOU GOZAIMASHITA!! Es wäre auch zu schön gewesen. Da bedanken sie sich also sogar für diesen kurzen Besuch... wie auch immer... gern geschehen!

 

Nach diesem Ausflug zieht es unseren Helden in Ausbildung weiter in einen Drogeriemarkt gigantischer Ausmaße. Hier gibt es alles, ob Hygiene-Artikel, Tierfutter, Tiefkühlware oder Bier. Hier kann doch nun wirklich nichts schief gehen! Also nichts wie rein und schon ist der Gaijin in dem Labyrinth der Kosmetikabteilung gefangen! Wie ist er hier überhaupt so schnell hingekommen und wo ist verdammt nochmal der Ausgang? Überall Sackgassen, Hilfe! Aber schließlich schafft er es doch heraus, sich schnell von dieser Todesfalle entfernend. So geht er die Gänge entlang, bis er plötzlich ganz am Ende eines Ganges, in dem Putzmittel verkauft werden, eine Angestellte des Marktes erspäht, welche trotz ihrer Erkältung den hier obligatorischen Mundschutz abgenommen hat und sich herzhaft in die Hand nießt. Als sie den Kunden bemerkt, wendet sie sich verschämt ab, sich vollkommen der Tatsache bewusst, dass sie gegenüber unserem Gaijin jedweden Stolz, gar ihr Gesicht verloren hat. Da bleibt nur eins: kündigen! Schnell weg aus dieser Stadt! Oder gleich seppuku!

Doch unser Held ist wenig davon beeindruckt, wiegt sich zunehmend mehr in Sicherheit, denkt, dass das Eis, auf welchem er sich bewegt, nun nicht mehr brechen könne! Doch im nächsten Moment wird er lauthals angeschrien! Erschrocken zur Seite springend bemerkt er, dass die Stimme aus einem Bildschirm kam, der auf Bewegungen reagiert. Überhaupt wird er hier von allen Seiten beschallt, was ihn zu einer Flucht in den nächsten Gang veranlasst. Dort begutachtet er ganz gelassen eine Verpackung, ohne dessen Inhalt zu kennen. Nicht weit von ihm steht eine weitere Angestellte, die ihn etwas demütig anschaut. Da unser Gaijin aber immer versucht ist, freundlich zu sein, nickt er ihr gepaart mit einem verschmitzten Lächeln zu. Als er sich dann wieder dem Inhalt der Packung zuwendet und die japanischen Schriftzeichen entziffert, kommt auf einmal das Wort „Kondomu“ zum Vorschein. Die Angestellte hat mittlerweile das Weite gesucht – nun weiß er warum!

Auch in diesem Laden hält ihn nicht mehr viel, er kauft nur noch ein Shampoo und dann raus. Am Ausgang trifft er die überaus hübsche Angestellte, die in einer nicht weit entfernten Filiale eines Telefonanbieters arbeitet und die er bereits zuvor auf der Suche nach einer Prepaid-Karte für sein Mobiltelefon schier in den Wahnsinn getrieben hatte, was sie aber natürlich nicht zeigte. So nickt er auch ihr zu und – oh welch Wunder! - sie erinnert sich auch an ihn, und erwidert den Gruß mit einem Lächeln. Beide verlassen den Laden, während sich die Wege schon gabeln, dreht sie sich noch einmal lächelnd zu unserem tapferen Helden um, ob dies in Folge eines sexuellen Tagtraumes ihrerseits geschah oder sie schlicht Angst hatte, er könne sie mit weiteren Fragen zu Telefonverträgen torpedieren, wird für immer ihr schlüpfriges Geheimnis bleiben.

 

Nun erinnert sich der Gaijin an seinen eigentlichen Auftrag, nämlich den Kühlschrank zu füttern. Der Einkauf in einem nahe gelegenen Supermarkt gestaltet sich ausgesprochen ereignislos. Doch dafür muss er an der Kasse einmal mehr einen hohen Preis bezahlen. Nachdem er seinen Einkauf in Taschen verstaut hatte, will er den Laden verlassen, doch was ist das! Wie ein Endgegner in einem der zahlreichen Videospiele aus Asien stellt sich ihm eine kampflustige Oma in den Weg, hinter ihr die rettende Tür ins Freie. Doch es läuft alles auf einen Kampf hinaus, Gaijin gegen japanische Samurai-Omi. Heftiger Blickkontakt, die Augen werden zu schmalen Schlitzen, schwungvolle Musik setzt ein – der Beginn des Kampfes steht kurz bevor! Doch da besinnt sich unser Gaijin, denn Omis in Japan können bestimmt Kampfsport und in ihrem Gehstock steckt garantiert ein scharfes Schwert, mit welchem sie ihn zu Sashimi verarbeiten wird. So tritt unser kleiner Held (knapp 500 Health Points) zur Seite und lässt die Omega Oma (ca. 1.000.000 Health Points) passieren. Knurrend, etwas mit ihren Dritten schnappend, zieht sie an ihm vorbei. Der Gaijin macht sich jetzt schnell auf den Heimweg. Dort angekommen sackt er schweißgebadet an der Wohnungstür zusammen. Was für ein Abenteuer, dabei war er keine zwei Stunden unterwegs. Aber nun ist er in Sicherheit. „Hey Alter, wo warst du so lange? Ich habe Hunger!“, bellt da der Kühlschrank.

 

Eines hat unser Gaijin aber gelernt: „Das Leben in Japan ist nur ein kleiner Schritt für einen Japaner, aber ein großer für einen Gaijin!“ Das nächste Abenteuer wird kommen, ganz bestimmt!

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Kommentare: 1
  • #1

    Basti (Mittwoch, 03 November 2010 08:59)

    GANZ großes Kino!!!! :DDD