Fünf Tage in Tokyo (Teil I)

Über Silvester entschieden Jupp und ich uns dazu, dem tristen Monochrom des Wetters in Niigata zu entfliehen und stattdessen der Hauptstadt Japans noch einem ersten „Quickie“ zu Beginn unseres Aufenthaltes (Ende September) einen weiteren Besuch abzustatten. Anstatt mit dem sündhaft teuren Bullet Train („Shinkansen“) nach Tokyo zu düsen, nahmen wir die „günstige“ Variante (wobei günstig hier wirklich relativ gesehen werden muss), nämlich den Highway Bus. Da die Beinfreiheit gewährleistet war, vergingen die knapp 5 ½ Stunden Fahrt auch einigermaßen schnell. So stiegen wir also in der pulsierenden Metropole aus, Haltestelle: Ikebukuro.

 

Tag 1: Ikebukuro, Asakusa

Da fuhr er also wieder dahin, unser Bus, und ließ uns zwei Gaijin allein in dem bunten Trubel. Aber glücklicher Weise fühle ich mich nicht so schnell verloren und das in Deutschland allzu oft kolportierte Bild Tokyos kann durchaus als etwas überzeichnet dargestellt werden, wenngleich natürlich auch einige Klischées im Laufe der Tage bestätigt werden sollten. Nach einer kurzen Orientierung im Bahnhof von Ikebukuro erkundeten wir etwas die Umgebung und landeten allzu bald im schrillen Trubel von Shopping Centern und Gaming Hallen. Gerade von letzteren fühle ich mich ja immer etwas angezogen, weshalb ich Jupp sogleich – mal wieder – in eine mit schleifte. Und ja, hier stimmt das Bild des gemeinen Deutschen tatsächlich mit der Realität überein: es ist laut, stickig, bunt. Während sich besonders jüngere Japanerinnen mit Fotobearbeitungs-Automaten beschäftigen (man macht ein Bild von sich und seinen Freundinnen in dem Automaten und kann sich dann Hasenöhrchen aufsetzen usw.) oder an diesen Greif-Automaten versuchen, sich ein Kuscheltier zu angeln, zocken die Männer diverse Videospiele. Da ich Jupp nicht am ersten Tag zu viel zumuten wollte, verließen wir diesen Schauplatz des Entertainments und machten uns stattdessen auf den Weg zu unserem Hotel in Asakusa. Dank des übersichtlichen und gar nicht so komplizierten U-Bahn-Systems war das auch gar nicht so schwierig.

 

Unser Hotelzimmer stellte sich, etwas überspitzt ausgedrückt, als ausgebauter Wandschrank heraus, auch hier wird also das Bild des Deutschen bestätigt: Enge. Achja, unser Ausblick war allerdings wirklich super: eine Häuserwand direkt vor dem Fenster ;) Aber eigentlich sind wir ja auch nicht nach Tokyo gefahren, um auf Hotelzimmern zu vergammeln. Deshalb schlenderten wir noch etwas durch das etwas ruhigere Asakusa. Abends aßen wir dann in einem gemütlichen Yakitori-Restaurant (gegrillte Hähnchenspieße, lecker!) und ich habe das erste Mal ohne Hilfe auf Japanisch bestellte – mühsam ernährt sich das Eichhörnchen! Da wir am nächsten Tag einiges sehen wollten, planten wir nur noch die Marschroute und begaben uns dann in die Horizontale.

 

Tag 2: Ueno, Akihabara, Asakusa

Am nächsten Morgen machten wir uns auf den Weg nach Akihabara. DA ich Städte immer lieber zu Fuß erkunde als immer nur mit der Bahn zu den Hotspots zu fahren (das ist ja viel zu einfach), gingen wir von Asakusa nach Ueno und schauten uns dort einen Park an. Leider war der Zoo geschlossen, sonst wäre das definitiv eine Alternative gewesen. Aber was macht man, wenn man sich im Zoo keine exotischen Tiere ansehen kann? Man geht nach Akihabara und schaut sich Japaner an! Gesagt, getan!

 

Ohne uns zu verlaufen kamen wir dann auch dort an und wurden sogleich von riesigen AKB48-Bannern empfangen. Zur Erklärung: AKB48 ist eine aus 48+ Japanerinnen bestehende Girl-Group, die in Akihabara (AKB ist die Abkürzung) ihr eigenes Theater besitzt, in Japan unfassbar populär und allgegenwärtig ist. Definitiv was für die Augen, für die Ohren... naaajaaa ;) Wie auch immer, in dem Technik- und Manga-Viertel Akihabara herrschte natürlich schon wieder reges Treiben und so wurden wir auch sogleich von als Comicfiguren verkleideten Japanern empfangen (Klischée erfüllt!). Nachdem wir etwas runtergekommen waren und uns nicht mehr der Schaum aufgrund akuter Reizüberflutung aus den Mundwinkeln tropfte, erkundeten wir erstmal das AKB48-Gebäude. Es waren glaube ich acht Stockwere, auf denen man alles bekommen kann, was man will (und erst recht, was man nicht will). Die einzelnen Etagen waren vollgestopft mit Kleidung, Spielsachen, Kosmetik-Artikeln und allerlei dubiosen Utensilien (Schuluniformen, Gummi-Brüsten, Kostümen u.ä.) von denen Europäer gar nicht wissen wollen, was damit im Land der aufgehenden Sonne hinter verschlossenen Türen alles so veranstaltet wird.

Schließlich gelangten wir dann wieder in zwei Etagen, die mit Spiele-Automaten bestückt waren und dort verbrachten wir dann auch erstmal so um die zwei Stunden. In erster Linie finde ich die Lightgun-Shooter ganz interessant und ich konnte sogar Jupp zum Mitspielen überreden. Als er den „Silent Hill“ Lightgun-Automaten entdeckte, war aber auch er endlich gut unterhalten. Und so traten wir Pyramid Head und anderen obskuren Gegner ordentlich in den Ars... Hintern (zu sehen auf Jupps Blog, ich kann seine Videos leider hier nicht einbinden)! Nachdem ich noch „Metal Gear Solid 3D“ und ein Rennspiel ausprobierte, hatte aber endlich auch ich (aus Jupps Sicht) die Nase voll. In dem Gebäude gab es übrigens auch so ein abgefahrenes Maiden-Kaffee, einfach mal googlen ;) Die oberste Etage, die AKB48-Ebene, war leider gesperrt, sie hatten wohl schon von unserem Kommen gehört...

 

Also raus und ab in das nächste Kaufhaus, das ebenfalls in den Himmel schoss und (fast) noch bizarrer war. Beispiel gefällig: 1. Etage: diverse Elektronikartikel. 2. Etage: Mp3-Player und Handys. 3. Etage: Computer. 4. Etage: Kosmetikartikel. 5. Etage: Musik, DVDs, Games. Alles soweit in Ordnung, oder? Doch eine Etage höher ging es dann los: 6. Etage: Hentai-DVDs en masse. 7. Etage: „reale“ Porno-Filme. Da dachten wir uns auch nur „ooookaaaaay“, denn damit war so nicht zu rechnen.^^ Wieder an der frischen Luft schauten wir noch etwas um, gelangten in so manch verschlossenes Hinterzimmer von Elektronikläden, wo offenbar der Handy-Schwarzmarkt floriert und man als Ausländer definitiv die Finger von lassen sollte. Außerdem sind Schnäppchen in Japan wirklich kaum zu finden.

 

Da aber Silvester war, fuhren wir abends wieder zurück nach Asakusa, deckten uns mit Bier ein und ließen uns erstmal von dem japanischen Fernsehen berieseln. Als der Jahreswechsel kurz bevorstand, gingen wir zu einem großen Tempel in Asakusa. In Japan wird Silvester nämlich etwas anders gefeiert: Feuerwerk? Gibt’s nicht! Marodierende und brandschatzende Deutsche? Natürlich erst recht nicht! Also, wie läuft das denn nun ab? Auf dem Tempelgelände hatten sich schon viele Menschen zusammengefunden und es waren überall Buden aufgestellt, wo man u.a. auch „Furankufuta“ kaufen konnte. Tja, da standen wir nun, im Hinterkopf den deutschen Countdown, wo aus tausenden Bier- oder Sekt-beseelter Kehlen der Countdown gegröhlt wird, um dann pünktlich um 0 Uhr in totale Party-Ekstase zu verfallen. In Japan ist das eigentlich ganz ähnlich, nur ohne laut runtergeschiernen, sondern eher geflüsterten Countdown. Ok, und ohne Party. Deshalb war auch auf einmal schon 2011 und wir haben es kaum mitbekommen. Nur die Massen an Japaner, die in den Tempel stürmten, um sich dort ihren Segen für das neue Jahr abzuholen, waren ein eindeutiger Indikator. Sowas habe ich auch noch nicht gesehen, höchstens beim Winterschlussverkauf bei Karstadt. Da dieser Strom an Menschen auch nicht abzureissen schien, gingen wir auch schon bald wieder zurück ins Hotel und begrüßten das Jahr auf typisch deutsche Art: mit einem Bier.

 

Im zweiten Teil berichte ich über meinen ersten 3D-Film, den Kaiser, der uns nicht zugewunken hat, den Besuch des SquareEnix-Fanshops in Shinjuku sowie das grandiose Wiedersehen mit Masayoshi!

 

Tris

Kommentar schreiben

Kommentare: 2
  • #1

    Basti (Samstag, 15 Januar 2011 10:56)

    Asahi ftw!!!!

    ansonsten bin ich sehr vom hentai-aufsteller mit deinem kopf begeistert ^^

  • #2

    Tris (Montag, 17 Januar 2011 07:45)

    Du bist dir im Klaren darüber, dass das Jupps Kopf ist, nech?! ;)